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Der gute alte Plattenladen ums Eck

Leidenschaft Vinylscheibe am internationalen „Record Store Day“ 2013.

Der Tonarm legt sich ganz analog auf den Tonträger, dann knistert es ein wenig bevor im satten, warmen Klang die Musik erklingt. Mal eben durch die einzelnen Titel „skippen“? Nur schwer möglich und auch selten erwünscht von den vielen Musikliebhabern, die weltweit nach wie vor den Klang von Vinyl-Schallplatten schätzen. Gekauft wird das Schätzchen häufig noch beim guten alten Plattenladen ums Eck. Hier gibt es dann neben dem Kaffee aufs Haus noch eine persönliche und im Zweifel auch vollkommen subjektive Beratung statt Download und „Empfehlungslalgorithmus“. Wirkt nostalgisch und ist es vielleicht sogar, aber eben auch persönlicher und herrlich entschleunigt.

Das außergewöhnliche Hör- mit dem Kauferlebnis verbindet am kommenden Samstag auch der internationale „Record Store Day“. Dabei bieten die über 2.000 unabhängigen Plattenläden weltweit den Vinylliebhabern zusätzlich noch ein ganz besonderes Highlight: Zeitgleich werden an die 400 streng limitierte und hochwertige Sonderveröffentlichungen auf Vinyl in den Shops angeboten, die speziell für diesen Tag produziert wurden. Auf der Veröffentlichungsliste stehen neben jungen Künstlern wie Jake Bugg ebenso „Klassiker“ wie David Bowie, Miles Davis oder Paul Weller.

Legt man die reinen Verkaufs- und Umsatzzahlen der Vinyl-Schalplatten zugrunde, so dürfte sich auch der 2007 ins Leben gerufene „Record Store Day“ einer stetig wachsenden Beliebtheit erfreuen. Seit 2006 kann die Schallplattenbranche im Bereich Vinyl wieder Zuwächse verbuchen. Nach einem Bericht des Donaukuriers lag laut Bundesverband der Musikindustrie der Umsatz seinerzeit im deutschen Markt bei 5,2 Millionen Euro, fünf Jahre später bereits bei 13,9 Millionen. Die Branche hoffe nun bald die 1 Millionen-Marke bei den Verkaufszahlen zu durchbrechen. Ein umgekehrter Trend im Übrigen im Vergleich zur CD. Zwar beherrscht das Medium mit rund 70 Prozent immer noch deutlich den Musikmarkt, aber die Absatzzahlen sind durch die Konkurrenz der digitalen Musikdateien seit 2001 rückläufig. Im Bereich der Abspielgeräte haben Plattenspieler bereits die Nase vorn: So wurden 2011 nach Angaben der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu) 118.000 Plattenspieler und 87.000 CD-Player verkauft.

1948 war es Dr. Peter Goldmark bei CBS, der als erster rauscharmes PVC als Tonträger verwendete und damit am 21. Juni 1948 seine erste „Microgroove-LP rotieren ließ. Das Material war preiswerter als der damals verwendete Schellack und überdies ließ sich die Ton- und Klanqualität deutlich steigern. Außerdem war die neue LP robuster, sie zerbrach nicht gleich, wenn sie unsanft behandelt wurde.

Damit war dieser neue Tonträger „massenfähig“. Mit ihm wurde Musik erschwinglich. PVC hatte durch seine Materialeigenschaften einen deutlichen Vorteil gegenüber Schellack: PVC ermöglichte das Schneiden von Mikrorillen, etwa neun Rillen pro Millimeter, sowie geringere Drehzahlen, wodurch die Spieldauer gegenüber der Schellackplatte deutlich verlängert und die Tonqualität gesteigert wurde. In der Regel wies die LP mit einem Durchmesser von 30 cm eine Spieldauer von 20–30 Minuten pro Seite auf.

In Deutschland hielt die neue LP erst 3 Jahre später Einzug, bei der Deutschen Grammophon Gesellschaft. Ihren Höhepunkt erlebte die Langspielplatte 1981, als von ihr 1,14 Mrd. Stück weltweit verkauft wurden. Bald danach schien zunächst ihr Ende nahe. Die Verkaufszahlen sanken, ihr neuer Wettbewerber – die CD – sollte ihr den Rang ablaufen. Doch die Vinylscheibe wirklich aus dem Feld zu schlagen, gelang der CD nie ganz. Den warmen, satten Klang der Vinylscheibe kann die CD nach Auffassung vieler Musikliebhaber nicht imitieren. Bei 20.000 Hertz beispielsweise ist technikbedingt nach oben Schluss bei der CD.